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Jedem Nest eine Innsbrucker-Straße?
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<div class="artikel90"> ={{PAGENAME}}= {{Infobox Publikation | autor = Johann Holzknecht | medium =Tiroler Nachrichten | texttyp = Kommentar | erscheinungsdatum= ? 1968 | kategorien= Raumordnung; Johann Holzknecht; 1968 | anmerkungen= | anmerkungen2= }} Und einen Kennedy-Platz? Und eine Dr.-Josef-Müller-Gasse? Und natürlich eine Bahnhofstraße? In den letzten Jahren sind einige Orte unseres Landes dazu übergegangen, die alte durchlaufende Zählung der Häuser abzuschaffen und Plätzen und Straßen Namen zu geben. Vor allem den Fremden zuliebe, damit sie sich besser auskennen. An sich ist gegen eine sinnvolle Namensnennung nichts einzuwenden. Wohl aber ist sehr viel dagegen zu sagen, wenn diese Bezeichnungen und Beschriftungen ohne Verstand, ohne tieferen Bezug zu alten überlieferten Namen und aus einer unsinnigen Großmannssucht heraus gewählt werden. Es ist nicht einzusehen, warum bei der Namensgebung die alten Flurnamen, die oft älter als tausend Jahre sind, abgeschafft und gegen neue Phantasienamen (Olympia-Straße) oder gegen Namen von recht mittelmäßigen Zeitgenossen (Dr. Mair oder Müller) oder gegen meist ähnlichen Unsinn ausgetauscht werden sollen. Das führt meist dazu, daß ein oder zwei Generationen lang statt der neuen Bezeichnung weiterhin die Flurnamen beibehalten werden; aber im Endeffekt setzen sich diese neuen Namen doch durch und die alten, in der überwiegenden Mehrzahl viel schöneren Bezeichnungen, werden vergessen. Die Strafe für diesen baren Unverstand bleibt nicht aus: In einem Ort bei Innsbruck wollten die stolzen Namensgeber unbedingt eine "Innsbrücker-straße" haben. Sie bekamen sie auch. Die Besitzerin von ein paar Privatbetten erhielt kurz darauf von einer Frau aus Deutschland auf ein Offert die Antwort: Nein, an einer Landstraße wolle sie ihren Urlaub nicht verbringen, Autos und Lärm hätte sie daheim auch. Die arme Vermieterin wohnt indessen gar nicht an einer Landstraße, sie wohnt in einem verhüttelten "Unteren Feld", durch das die Verbindungsstraße nach Innsbruck führt. Nur der "Verstand" ihrer lieben Mitbürger hat ihr die Hausnummer Innsbrucker-Straße Nr. soundso eingebracht« Andere Zimmervermieter dieses Ortes sind inzwischen klüger geworden und dazu übergegangen, nur mehr ihren Namen als Absender zu schreiben, ohne die erwähnte "Innsbruckerstraße". Aus dem oben erwähnten Fall wird auch ein zweites deutlicht Unsere Bauordnungen begünstigen die flächenweise Verbauung, geschlossene Straßen oder gar Gassen können in unseren Dörfern auf Grund der vorgeschriebenen Mindestabstände gar nicht mehr entstehen. Hier wären die alten Flurnamen oft viel treffender. Eine verbaute und verhüttelte Wiese eine Straße zu nennen, ist an sich unsinnig, weil eine Straße etwas anderes meint als eine flächenmäßige Verbauung. In einem Nest in Niederösterreich stritten vor einigen Jahren die Bewohner so lange um die neuen Straßennamen, daß sie sich schließlich auf römische Ziffern für die Längs- und arabische Ziffern für die Querstraßen einigten. Eine Adresse lautet nun z. B. (so wie in New York!) Ecke II. Straße 3. Gasse. Hübsch, nicht? So etwas kann es in unserem "traditionsbewußtem" Tirol nicht geben? Kirchberg nummeriert schon römisch. Dabei wäre es noch gescheiter, Iü± Fremde und Briefträger römische und arabische Ziffern einzuführen, bevor man häßliche Phantasienamen einführt, die die alten erschlagen. In einem Tiroler Dorf wurde vor Jahren auf Mord und Totschlag gestritten, ob man die "Luvens" in "Olympiastraße" umbenennen soll. Von Bewohnern der "Rauschgrube" wurde jenen, die sich für die Erhaltung dieses Namens einsetzten, eine Geschäftsstörungsklage angedroht, weil die Pension nun doch viel schlechter gehe. Man einigte sich auf "Rauschgraben"... Es ist dasselbe wie bei alten Bauernmöbeln, bei guter alter Musik und bei allen anderen irgendwie dem musischen Empfinden benachbarten Werten: Nicht nur wird alles, was alt ist, nicht geschätzt (es wird aus Stuben und Kirchen hinausgeworfen), es ist auch weiterhin kein Gespür dafür vorhanden, was länger und was nur für den Tag gültig ist. Der Dr. Müller mag ein braver und verdienter Landarzt gewesen sein, kommenden Generationen ihn dadurch erhalten zu wollen, daß man eine Straße nach ihn benennt, ist unsinnig. In der Stadt weiß man oft nicht, wie anders tun. Dort verwendet man die Flurnamen, so weit es geht. Darüber hinaus verwendet man andere Namen; aber nur weil man es muß, will man die Straßen nicht numerieren. Diesen Brauch auf das Dorf verpflanzen nenne ich Großmannssucht und Traditionslosigkeit. Ein flüchtiger Blick in das Telephonbuch von Tirol belehrt, daß die Häuser vieler Dörfer mit mehr als 1.000 Einwohnern oft nach durchgehend numeriert sind. Wenn sie weiterhin so wachsen, wie in den letzten 20 Jahren, werden sie sich bald um Straßennamen schauen müssen. Es bleibt zu hoffen, daß man dabei mit mehr Verstand vorgeht als in jenen Dörfern unseres Landes, wo man in letzter Zeit "getauft" hat. </div> [[Kategorie:Raumordnung]] [[Kategorie:Johann Holzknecht]] [[Kategorie:1968]]
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