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Die Grundzusammenlegung
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<div class="artikel90"> ={{PAGENAME}}= {{Infobox Publikation | autor =Winfried Hofinger | medium = Der Aufbruch, Start ins Leben | texttyp = Artikel | erscheinungsdatum= Heft 6 März 1968 | kategorien= Agrarisches; 1968 | anmerkungen= | anmerkungen2= }} Nicht nur in Österreich, sondern fast in ganz Europa, ist die sogenannte Agrarstruktur nicht in Ordnung. Das heißt, die Besitz- und die Betriebsverhältnisse in der Landwirtschaft sind nicht so, daß aus Grund und Boden alles, was "drinnen" ist, herausgeholt werden kann. Sehr oft sind die Flächen, die ein einzelner Bauer besitzt, zu klein - und der Bauer muß, um eine Familie ernähren zu können, auf Nebenerwerb aus-gehen. Oft sind wohl alle Flächen (in der Fachsprache Parzellen genannt) zusammengerechnet groß genug, aber die einzelnen Flächen für sich sind zu klein, daß sie nicht gut mit Maschinen bebaut werden können. Nehmen wir die beiden Bauern Anton und Bernhard. Beide besitzen sie 10 ha Grund (1 ha = ein Flächenstück von 100 x 100 m - 10.000 m2). Beim Bauern Anton sind die 10 ha ein zusammenhängendes Stück von 400 x 250 m; der Bauer Bernhard ist der Besitzer von 10 einzelnen Feldern, Jedes genau 100 x 100 m. (Natürlich liegen die Fälle in der Natur nie so einfach wie in diesem Rechenbeispiel!) Nun sollen beide Bauern ihre ganze Fläche pflügen. Der Bauer Anton steigt einmal auf seinen Traktor, kann 400 m geradeaus fahren bis er wenden muß und wird in einem Tag mit der Arbeit fertig. Angenommen, er läßt am Rand 1 m ungepflügt, weil er mit dem Traktor nicht über seine Grenzen fahren kann, so ergibt dies eine "tote" Fläche von 1.296 m2. Der Bauer Bernhard, dessen 10 Felder im ganzen Gebiet zerstreut liegen, muß zu jedem Feld eigens hinfahren, er muß schon nach 100 m den Traktor wieder wenden. Auch er kann nicht bis an den Rand pflügen, doch bei ihm ergibt ein ungepflügter Streifen von 1 m eine ungenützte Fläche von zusammen 3.960 m2 (auf einer so großen Fläche kann man mehr als einen Menschen ernähren!) Anton braucht zu einem großen Grundstück einen einzigen Zufahrtsweg. Will er es umzäumen, dann muß er einen 1.300 m langen Zaun aufstellen. Bernhard braucht für jedes seiner kleinen Grundstücke einen Weg - der Weg muß gepflegt werden und braucht selbst Grund und Boden, der unproduktiv ist. Alle Zäune um Bernhards 10 Grundstücke ergeben zusammengerechnet 4.000 m, sie sind also mehr als dreimal so lang - und damit mehr als dreimal so teuer - wie der Zaun von Anton. Bernhard hat also nur Nachteile, Anton nur Vorteile. Tatsächlich ist die Flurzersplitterung in vielen Gebieten Österreichs noch viel stärker als in unserem Beispiel. Es gibt Bauern, deren Besitz von 20 ha aus 30 und mehr "Handtüchern" besteht. Wie ist das geworden? Durch die Erbteilungen der früheren Jahrhunderte: Hatte ein Bauer mehrere Söhne, dann konnte er entweder einem Sohn alles vererben und die anderen mehr oder weniger leer ausgehen lassen - oder er verteilte seinen Besitz an alle Söhne. War es ein gerechter Vater, dann gab er nicht einem Sohn das beste Feld, dem anderen ein mittelmäßiges und dem dritten das schlechteste« Vielmehr drittelte er das beste, drittelte er das mittelmäßige und ebenso das schlechte - aus drei Feldern sind also schon neun geworden« Das ging so weiter und führte in manchen Gegenden Österreichs zu einer "Flurzersplitterung", die in früheren Zeiten nicht weiter tragisch war, die sich aber im Zeitalter der mechanisierten Landwirtschaft sehr nachteilig auswirkt. In anderen Gegenden Österreichs herrschte immer das Anerbenrecht vor, das heißt, es erbte nur der Älteste und alle anderen gingen mehr minder leer aus« Dort ist die Zersplitterung der Flur nicht so stark. Was kann ein Bauer, der wie Bernhard in unserem Beispiel viele einzelne Felder besitzt, tun, um zu einem so großen Grundstück zu kommen wie Anton? Er allein kann gar nichts unternehmen, da müssen schon alle anderen Bauern, die auch viele zerstreute kleine Grundstücke besitzen, bereit sein und zu einer sogenannten Grundzusammenlegung ja sagen. Weil aber die Vorteile von einer oder zumindest wenigen größeren Flächen gegenüber vielen so kleinen offensichtlich sind, ist es gar nicht schwer, die Bauern zu so einer Grund-zusammenlegung zu gewinnen. Der Vorgang der Zusammenlegung ist, wie wir gleich sehen werden, sehr kompliziert und braucht meistens mehrere Jahre Zeit. Warum? Nicht jedes Grundstück ist gleich gut, es gibt die verschiedensten Qualitäten; mit einem Fremdwort, das vom lateinischen Wort "bonus" = gut abgeleitet wird, sprechen die Fachleute auch von "Bonitäten", was wörtlich übersetzt "Güte" heißt. Die Bonität der einzelnen Grundstücke ist meistens sehr unterschiedlich, sie hängt neben dem Grundgestein und neben der Wasserversorgung vor allem von der Pflege ab, die das Grundstück in den vergangenen Zeiten erfahren hat. Angenommen, ein Bauer bringt in den gemeinsamen "Topf" für die Grundzusammenlegung 20 ha erster Qualität (unter Fachleuten sagen wir nun schont Bonität). Er wird nicht damit zufrieden sein, wenn er nach der Zusammenlegung 20 ha dritter oder vierter Bonität bekommt. Wieder ein Rechenbeispiel: Bauer Caspar hat 20 ha für eine Grundzusammenlegung eingebracht. Seine Felder waren gut gepflegt (d. h. immer fleißig gedüngt und auch gut bebaut), aber eben weit zerstreut. Er soll nun ein zusammenhängendes Grundstück bekommen, das nur halb soviel Ertrag verspricht - soll er nun doppelt so viel Hektar bekommen? So einfach ist die Sache leider nicht. Denn erstens geht das neue große Grundstück ja über viele "alte", die meistens alle ganz unterschiedliche Bonität aufweisen. Außerdem ist die doppelte Fläche eines schlechten Grundstücks nicht gleichzusetzen mit der halben Fläche eines guten Bodens; weil die doppelte Fläche ja vielmehr Arbeit verlangt« Andererseits kann die bisher schlechte Fläche durch gute Pflege verbessert werden ... Aus diesen paar Andeutungen sieht man gleich, wie schwer die Arbeit des Grundzusammenlegens ist. Die Fachleute, die sich damit beschäftigen, müssen nicht nur Fachleute in der Landwirtschaft, in der Bodenkunde und im Vermessungswesen sein, sondern sie müssen sich auch darauf verstehen, Menschen gut zu behandeln. Ein Beamter von der Grundzusammenlegung erzählte einmal, in den ersten Jahren nach der Übergabe dürfe er sich im Dorf nicht sehen lassen« Später, wenn alle nur mehr die Vorteile verspüren, würde ihm am liebsten die Ehrenbürgerschaft angetragen. Die Grundzusammenlegung wird vom Staat gefördert. Die Allgemein-heit ist darin interessiert, daß die Landwirtschaft gut funktioniert und daß der Bauernstand immer besser in der Lage ist, das Volk zu ernähren. Im Staatshaushalt (Budget genannt) gibt es einen eigenen Posten, dessen Mittel zur Verbesserung der Landwirtschaft eingesetzt werden. Dieser "Grüne Plan" trägt aber Zinsen. Nicht nur in der An-wendung bei der Grundzusammenlegung, sondern bei vielen anderen agrarischen "Operationen", über die wir in späteren Nummern dieser Zeit-schrift ausführlich berichten werden. </div> [[Kategorie:Agrarisches]] [[Kategorie:1968]]
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