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Der Wandel als besonderes Kennzeichen
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<div class="artikel90"> ={{PAGENAME}}= {{Infobox Publikation | autor = Winfried Hofinger | medium = Reimmichlkalender [[Kategorie:Reimmichlkalender]] | texttyp = Kalenderbeitrag | erscheinungsdatum= 2000 | kategorien= Agrarisches; 2000 | anmerkungen= | anmerkungen2= }} Wann das neue Jahrtausend beginnt, ist eine Spitzfindigkeit. Sicher ist, daß die vielen Neuner des Jahres, in dem dieser Kalender produziert wurde, abgelöst werden durch viele Nullen. Wer nicht abergläubisch ist, wird den Jahreswechsel gut überstehen. Auch der jahrelang vorhergesagte Zusammenbruch der Computersysteme wird sich in Grenzen halten. Wetten? Dies ist ja die wichtigste Funktion des Vorhersagens von Katastrophen: Weil sie vorhergesagt wurden, treffen sie nicht ein. Weil wir vor bald 20 Jahren vorhergesagt haben, daß es, wenn der Trend so weitergeht, bald keinen gesunden Baum mehr gibt, hat man gehandelt: Es wurde die Kat-Pflicht beim Auto eingeführt; es wurde der Schwefelwert beim Heizöl auf ein Zehntel gesenkt; es wurden die deutschen Kohlekraftwerke mit sehr teuren, aber wirksamen Filtern ausgestattet. Wenn nun die Katastrophe nicht eingetreten ist, so haben sich nicht die Propheten geirrt, sondern es wurde, ausnahmsweise, auf sie gehört. Der schlechte Ruf von Propheten, die nichts gelten in ihrem Vaterland, rührt daher: Kehrt man nicht um, wenn sie böse Ereignisse vorhersagen, stehen sie im Ernstfall als Besserwisser da. Hört man auf sie und handelt man, dann tritt der GAU nicht ein - und der Prophet steht als Spielverderber, der sich geirrt hat, da. Vorsicht vor Propheten Wer traut sich vorherzusagen, wie es z. B. der Landwirtschaft in den nächsten Jahren gehen wird? Kann man dergleichen überhaupt vorhersagen? Wenn hier die Landwirtschaft als Beispiel genannt wird, dann deshalb, weil sie auch weiterhin für unser Land von existentieller Bedeutung sein wird. Als Lehrling des Agrarjournalismus hatte ich im September 1966 im Agrarischen Informationszentrum, im AIZ, eine zehn Jahre alte Prognose über die Entwicklung des Bestandes an Landmaschinen mit dem aktuellen Stand zu vergleichen. Es war das die Zeit einer stürmischen Entwicklung - daher klafften die Prognose aus 1956 und die Wirklichkeit von 1966 sehr weit, ja geradezu lächerlich weit, auseinander. Ungehemmter Landverbrauch 125 Jahre später, 1981, schrieb ich für ein Buch "Bauern in Tirol", zum 100-jährigen Bestehen der Landwirtschaftskammer, einen Beitrag: "...Und im Jahr 2000?" Gewitzigt durch die Erfahrung aus meiner Lehrzeit hat der Beitrag viele Fragezeichen. Oder es steht darin: Entweder kommt es so - oder es kommt ganz anders. Vielleicht sind wir in jenem -1981 noch recht fernen - Jahr 2000 Mitglied dieses Horrormarktes, damals noch EWG genannt, oder auch nicht. Es würde die Zahl der Bauern noch abnehmen, jeder einzelne von ihnen würde aber gerade deshalb eher wichtiger werden. Was damals schon absehbar war, und was sich seither noch verstärkt hat, das ist der sorglose Umgang mit dem nicht vermehrbaren Boden. Gerade in die besten Ackerböden wird immer noch ein Kaufhaus nach dem anderen hineingestellt. Jemand hat ausgerechnet, daß dann, wenn der derzeitige Verbrauch von 38 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche so weitergeht, die 3,8 Mill. ha landwirtschaftliche Nutzfläche von ganz Österreich in 275 Jahren ganz aufgebraucht sein werden. Übrigens geht bei weitem nicht der ganze Verbrauch von Wiesen und Äckern zu Lasten von Bau- und Verkehrsflächen. Ungehemmt ist nach wie vor die Zunahme des Waldes. Demnächst wird die Gesamtfläche des österreichischen Waldes jene der Almen, Wiesen und Äcker übertreffen; so genau kann man das nicht sagen, weil nicht jede einfach zugewachsene Bergwiese statistisch sofort erfaßt wird. Aber die Tendenz ist eindeutig. Und damit wird eine durch Jahrhunderte bestehende Entwicklung - Zurückdrängen des Waldes, gelegentlich auch, aus Landhunger, über das vernünftige Maß hinaus - umgekehrt. Es gibt nun gebietsweise schon viel zu viel Wald. Weniger im westlichen Tirol, aber im Osten durchaus. Im Bezirk Kitzbühel sind seit 1950 etwa 8000 Hektar Wiesen und Almen verwal-det. Manche Teile der Steiermark, Niederösterreichs und Kärntens verfinstern geradezu. Die Bauern sperren die Stalltür zu und gehen weg. Auch den Tourismus könnte es treffen: Wer will schon in einem geschlossenen Waldgebiet Urlauben? Wie kann dieser Fehlentwicklung gegengesteuert werden? Die Raumordnung mit ihren Bestimmungen über sogenannte landwirtschaftliche Vorrangflächen muß ernsthaft beachtet werden. Äcker und Wiesen sind nicht das, was übrigbleibt, wenn eine andere ("höherwertige"?) Nutzung niemand in den Sinn kommt. Ausgerechnet in Tirol, wo der besiedelbare Raum derart beschränkt ist, weil das Land, wie ein Agrarhofrat immer zu sagen pflegte, nur aus ein paar Kegelbahnen besteht, liegen die meisten Bezirke mit dem größten Landverbrauch. Der Nebenerwerb Ganz eindeutig ist in diesen Jahren die Ten-denz zum Nebenerwerb. Immer weniger Bauern leben ausschließlich von der Landwirtschaft. In Tirol ist diese Sache nicht so neu. Im Westen des Landes mit sehr vielen kleinen Betrieben hat diese Erwerbs- oder eigentlich Lebensform eine alte Tradition. Sie ist keineswegs nur problematisch zu sehen. Sie ist stabil; von der kleinen Bauernschaft und dem Anteil an der Wald- und der Almagrargemeinschaft hat die Besitzerfamilie nie aus-schließlich gelebt. Auch die größten Bauern des Landes waren sehr oft nicht nur Bauern: Sie haben Holz gehandelt, eine Schottergrube betrieben, sie waren Hoteliers und Gastwirte. Probleme schafft eigentlich vor allem jener Hof, der für die Aufnahme eines Nebenerwerbes, einer unselbständigen Tätigkeit außerhalb des Hofes, zu groß ist, und der für das wirtschaftliche Bestehen zu klein oder zu steil ist. Aber auch hier gibt es mehrere Kombinationen: Oft ist das Elternpaar so rüstig, daß es die tägliche Stallarbeit machen kann, während der Junge zur Arbeit fährt. Besonders gut vereinbaren läßt sich die Landwirtschaft mit dem Skilehrer. Diese Tätigkeit fällt ja in eine Jahreszeit, da am Feld nicht viel zu tun ist. Nach der morgendlichen Stallarbeit geduscht, hinaus auf die Skihänge, und nach dem letzten Kurs statt in die Skihaserlbar wieder in den Stall. Partner Tourismus Es ist also doch der Tourismus, der sich nach Einbrüchen wieder recht gut entwickelt hat, und an dem jene, die ihm eine gepflegte Landschaft zur Verfügung stellen, ganz gut mitverdienen. Der Urlaub auf dem Bauernhof wird inzwischen professionell vermarktet. Warum immer weniger Bauern von der Landwirtschaft leben können? Es sind die Preise für das, was sie erzeugen, nach dem EU-Beitritt rasant zurückgegangen. Vorher waren die Erzeugerpreise jahrelang stabil oder sind leicht gestiegen. Für Weizen bekam ein österreichischer Bauer im Jahre 1960, ebenso wie 1990, etwa 3 Schilling je kg; jetzt bekommt er 1,50. Auch die Preise für Vieh und Milch haben sich seit dem EU-Beitritt nach unten entwickelt; die Ausgleichszahlungen sind auch nach unten gegangen und haben nun ganz aufgehört. Warum dann nicht noch mehr aufgehört haben? Weil die verschiedenen Programme (vielleicht haben Sie schon das Kürzel ÖPUL gehört?) einen teilweisen Ausgleich schaffen. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, daß die naturnahe wirtschaftenden (Berg-)Bau-ern Tirols bares Geld dafür bekommen, daß sie Bauern bleiben. Die Gesellschaft, also die Steuerzahler, lassen es sich einiges kosten, daß da jemand eine an sich betriebswirtschaftlich nicht immer sinnvolle Arbeit tut, wenn dafür das Land sein schönes, abwechslungsreiches Gesicht behält. In einem verwilderten, verwaldeten Gebirgsland wollen weder die Einheimischen leben, noch verirren sich Fremdengäste in nennenswerter Zahl dorthin. Da auch der vor 25 Jahren noch als garantiert sicher vorhergesagte Holzmangel nicht eingetreten ist - es gibt derzeit und auch in Zukunft in ganz Europa Holzüberschüsse! -spricht wenig für das Anlegen geschlossener Walddecken. Optimismus ist angesagt Wie wird also der Bauer in Zukunft leben und wirtschaften? - So wie bisher wird es den Bauern nicht geben. Es gibt weiterhin Kleinhäusler mit ein paar Stück Vieh und einem außerhäuslichen Nebenerwerb für einen der beiden Partner (Entwicklung der letzten Jahre: Die Frau geht "in die Arbeit", von Lehrerin bis Altenpflegerin, und bringt Geld nach Haus; der Mann versorgt derweil Kinder, Kühe und den Wald). Es gibt mittlere Höfe, wo eine Generation am Hof werkt, die andere sucht und findet Arbeit irgendwo, als Beamter, bei der Bahn, bei der Post, als Krankenpfleger, als Musiker, als Busfahrer oder Skilehrer. Die Besitzer großer Höfe und Maschinen setzen ihre teuren Geräte bei denen ein, die gelernt haben, daß man nicht jede Maschine haben muß, vor allem dann nicht, wenn sie nur fünf Tage im Jahr gebraucht wird. Die Übernahme von Arbeiten auf anderen Betrieben, auch und vor allem im Wald, ist sicher noch ausbaufähig, weil die Mehrheit der Waldbesitzer gar keine Motorsäge besitzt. Es ist gar nicht nötig, den Zugang zum Waldbesitz weiter zu öffnen, weil schon längst viele Wald geerbt haben, ohne Bauern zu sein. Immer wieder geschafft Insgesamt ein eher optimistisches Bild? Natürlich könnte man alles zusammentragen, was schiefläuft oder schiefgelaufen ist, und dann in das Gejammer ausbrechen, daß der Bauernstand kurz vor dem Ruin steht; und daß den Bauern der gerechte Lohn für ihre Schinderei vorenthalten wird. Aber das wäre nur die eine Seite der Medaille. Man kann aus den Entwicklungen in diesem zu Ende gehenden Jahrhundert aber auch den Schluß ziehen, daß es die vielen Bauern immer wieder geschafft haben, Schwierigkeiten zu trotzen, in die Hände zu spucken, die grauen Gehirnzellen in Aktion treten zu lassen (sie waren noch nie so gut ausgebildet wie heute) - und an die Arbeit zu gehen. </div> [[Kategorie:Agrarisches]] [[Kategorie:2006]]
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