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Wald und Transitverkehr
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<div class="artikel90"> ={{PAGENAME}}= {{Infobox Publikation | autor = Winfried Hofinger | medium = Transitbuch | texttyp= Buchbeitrag | erscheinungsdatum= ?1986 | kategorien= Transit; Wald; 1986 | anmerkungen= | anmerkungen2= }} <big>Einleitung </big> "Wer sich unterfängt, den gemeindewald zu verwüsten oder anzuzünden, dem soll sie hand abgehauen werden ohne unterschied des Standes." So steht es in einem Weistum der Ortschaft Keller bei Bozen aus dem Jahre 1190. Wenn 800 Jahre später jene, die mit ihren Lastkraftwagen und deren Abgasen einen erheblichen Beitrag zur Vernichtung der Wälder leisten, einen "Tag der offenen Tür" abhalten, dann werden ihnen die Hände von mehreren Mitgliedern der Landesregierung und von Kammerpräsidenten geschüttelt. Eine "wissenschaftliche Untersuchung über Waldschäden, Luft- und Bodenverunreinigungen durch den Straßenverkehr im Wipptal", verfaßt von den Landesbeamten Gassebner, Pack, Schusterschitz, Weber, wurde jahrelang nur "unter der Budl" gehandelt; sie war offiziell nie freigegeben worden. Im Bericht an den Tiroler Landtag 1986 über den Zustand der Tiroler Wälder wird dieser, von der Regierung indizierte Bericht, auf 20 Seiten freilich ausführlich zitiert, womit die Zensur sich selbst ausgespielt hat. Unter den vielen alljährlich vom Amt der Landesregierung zu erstellenden Berichten sind diese Waldzustandsberichte die vermutlich am genauesten redigierten. Sie haben bis zu 20 Mitarbeiter, vor allem aus der der Landesforstinspektion. Allerdings wird das Aufzeigen der Schäden den Fachleuten nicht gedankt: Im Tiroler landtag haben die Abgeordneten Mader, Lindner und Bachmann in dieser zu Ende gehenden Legislaturperiode mehrfach an den Überbringern und Verbreitern der schlechten Nachricht Kritik geübt, ohne daß diese sich am selben Ort zur Wehr setzen können. Inzwischen sind diese Debatten über den Waldzustand auch schon eher lästige Routine geworden. Sie laufen ohne besonderes Engagement, vor leeren Pressebänken,ab. Bezweifelt werden darf, ob alle Abgeordneten die Berichte mit der nötigen Ausdauer und Fachkenntnis lesen. In der Debatte 1988 sagte der Klubobmann der stärksten Partei, er hätte nun von ganz neuen Erkenntnissen gelesen: daß keineswegs die Stickoxyde an den Waldschäden die Schuld trügen, sondern deren Folgeprodukte, wie die sogenannten Photooxydantien. Daß die Sache mit den Photooxydantien schon seit vielen Jahren ausführlich in eben diesen Waldzustandsberichten steht ... Warum die Forstleute? Zu den Absonderlichkeiten der gesamten Umwelt- und Transitdiskussion gehört, daß es fast ausschließlich Forstleute sind, die sich um die Zerstörung der Umwelt ernsthafte Gedanken machen. Es war im Dezember 1988 der Tiroler Forstverein, der drei Mediziner eingeladen hat, über die Belastung der Menschen durch die Umweltverschmutzung zu reden. Es ist sicher richtig, daß an nichts anderem so gut wie an einem Baum, der hundert Jahre und länger an derselben Stelle stehen muß, die Auswirkungen von Luftschadstoffen gemessen werden können. Ackerpflanzen stehen jeweils nur ein paar Monate im sauren Regen. Der Mensch ist mobil, er kann sich, vor allem, wenn er genügend Kleingeld für eine Urlaubsreise hat, in Reinluftgebieten regenerieren. Die Menschen sind, wegen ihrer Mobilität, viel schwerer statistisch vergleichbar. Konkret: Die Lunge eines Kettenrauchers auf der Alm ist schlechter dran als die eines Nichtrauchers in Linz oder Brixlegg oder unter der Gschnitztalbrücke. Vor Jahren, als vom "Waldsterben" noch nicht die Rede war, veranstaltete der selbe Forstverein einen Vortrag über die Luft- und Waldbelastung rund um die alten Industrieschwerpunkte und anderswo. Die schlechteste Luft, so sagte der Referent, gäbe es in Tirol vom Innsbrucker Hauptbahnhof östlich bis ins olympische Dorf, "aber hier gibt es ja ohnedies fast keine Bäume". Als daraufhin einige im Saal auflachten und dem Referenten versicherten, daß genau in dieser Zone an die 60.000 Menschen wohnten, beharrte er darauf, daß es hier aber so gut wie keine Bäume gibt. Rauchschäden hat es immer gegeben. Gerade im Zuge der Waldsterbensdiskussion haben sich verschiedene Historiker bemüht, schon bei Römern und Griechen Belege dafür zu finden. Die Entwaldung um die Zentren der Schwerindustrie wurde, etwa im vorigen Jahrhundert, als selbstverständliche und notwendige Folge des Fortschrittes hingenommen. Warum gab es damals noch kein "Waldsterben" abseits der Industriezentren? Zweierlei hat sich seither wesentlich geändert: + Die Schornsteine wurden höher. In den fünfziger und Sechzigerjahren war "Der blaue Himmel über der Ruhr" durch viele Jahre Wahlkampfthema. Man hat ihn erreicht - aber nicht durch eine Verminderung der Schadstoffe, sondern indem man sie verschickte. Man baute an die Stelle von 5o oder 60 Meter hohen Schornsteinen solche von 300 Metern und mehr,ohne zugleich das,was durch diese Schornsteine gejagt wurde, zu entgiften oder zu vermindern. Die Folge davon ist, daß man die Luft von Bielefeld nun wieder atmen kann, daß es dafür in Mitteleuropa keine Reinluftgebiete mehr gibt. Die längere Verweildauer der Schadstoffe, die vorher um die Fabriken zu Boden gegangen sind und die nun tagelang in höheren Schichten bleiben, hat das Problem zusätzlich verschärft. Es können nun in aller Ruhe Umwandlungen aller Art vor sich gehen. Die auf der Reise befindlichen Schadstoffe stoßen dabei auf andere - es sollen insgesamt 3000 verschiedene sein, sagt Professor Peter Schütt, Forstbotaniker in München - und sie können sich, wenn es gut geht, gegenseitig neutralisieren; in der Regel werden sie sich in ihrer Wirkung aber steigern. Uber diese Synergismen weiß man ungefähr so wenig wie über die Folgeprodukte der Flugzeugabgase. + Der Kraftfahrzeugverkehr hat explosionsartig zugenommen. In welchem Maß bzw. Unmaß, das werden andere Autoren beleuchten. Aus der Sicht der betroffenen Lebewesen kann man nun nicht sagen, daß dies einfach eine quantitative Vermehrung um so und so viele Prozente wäre. Es handelt sich, etwa bei der Verfünfzigfachung des LKW-Transportes über den Brenner seit dem Bau der Autobahn, sicher um eine neue Qualität. Wenn das Wort "Qualität" hier im hegelschen Sinne verstanden wird. <big>Die Wirkungen auf den Wald</big> Die folgenden Ausführungen über die Einwirkungen des Transitverkehres auf den Wald stützen sich im Wesentlichen auf die Waldzustandsberichte 1985-1988. Ein paar Vorbemerkungen dazu: Der Wald erleidet Immissionen aller Art. Direkt wird er dadurch geschädigt, daß die Bäume Staub, Ruß, Abgase, Salz- und Ölgischt aus der Luft ausfiltern. All diese Stoffe wirken auch auf den Waldboden ein. Was ein Boden ist, wissen auch gebildete Zeitgenossen nicht. Man kann in Österreich (und anderswo) an einer guten Schule die Matura gemacht haben, ohne irgendetwas darüber gelernt zu haben, welch erstaunlich komplexes und wichtiges Gebilde die obersten paar Dezimeter der Erdrinde sind. Von den punischen Kriegen lernt man in derselben Schule dreimal. Böden sind so kompliziert gebaut, daß es tatsächlich schwer ist, ihr Lebensprinzip einfach darzustellen. Sie sind unter anderem Puffersysteme, die Einwirkungen aller Art relativ lange ertragen, etwa Schwermetalle speichern und sie sozusagen lange, ohne Wirkung zu zeigen, schlucken. Wenn dieser Puffer dann einmal kippt, ist die Überraschung groß: wo er doch bei gleichbleibender Belastung, im Vorjahr noch bestens funktioniert hat! Konkretes Beispiel dafür: In den letzten Jahren wurden mehrere Quellen, unterhalb der Brennerautobahn gelegen, unbrauchbar. Jahrelang hat das Gelände, in dem sich die Schüttung für diese Quellen befindet, die Salzung der Fahrbahn bzw. den Eintrag des Salzwassers ertragen. Bis eines Tages die Quellen unbrauchbar wurden. Nun wird, weit oberhalb der Autobahn, für die Einzelhöfe von Matreiwald nach Ersatz gesucht. Gesalzt wird weiterhin. Eines Tages werden auch die letzten Quellen unterhalb der Autobahn unbenutzbar sein. Oft gestellte Frage: Warum lassen sich die Landwirte die Zerstörung der Böden eher gefallen? Warum wird da nicht so laut protestiert? Wenn die Landwirte zu laut und zu heftig darauf hinweisen, daß die Böden über alle Schadensgrenzen hinaus kontaminiert sind, dann bekommen sie dafür noch lange kein Ersatzgrundstück - auch weil es solche, in unserem engen, dicht besiedelten Land in der Regel gar nicht gibt. Konsequenz wäre dann die Stilllegung dieser vergifteten Böden, und das will der Landwirt natürlich nicht. Die Übersäuerung der landwirtschaftlichen Böden ist kein so ernstes Problem wie die Übersäuerung der Waldböden; Acker und Wiesen können dagegen gekalkt werden. Der Pflanzennährstoff Schwefel kommt nun auch aus der Luft oder aus dem Regen. Der Stickstoffeintrag erspart dem Ackerbauern Stickstoffdünger. Wirklich bedenklich sind für die landwirtschaftlich genutzten Böden in der Tat die Schwermetalle und die Folgeprodukte der Verbrennungsvorgänge, die Photooxydantien und anderes. Eine Resolution der Bauern des Bezirkes Innsbruck "Der Transitverkehr schädigt die Böden", die im Feber 1987 nach einigen Abschwächungen (was tut schon das Cadmium?) verabschiedet wurde, zeigte keinerlei Wirkung. Zwei, drei Nachdrucke und Übergang zur Tagesordnung. <big>Salz, Öl und Staub</big> Seit es die Brennerautobahn gibt, wurde auf den Laufmeter eine Tonne Salz aufgetragen. Das Salz wird von den Autofahrern in den Wald geschleudert - und das geltende österreichische Straßengesetz exkulpiert offenbar den Straßenerhalter. Nicht er ist es, der die Wiesen und Wälder versaut, sondern die Autofahrer sind es. Der oberste Gerichtshof hat unlängst festgestellt, daß der Straßenerhalter aus seiner Verpflichtung, für die Sicherheit des Straßenverkehrs zu sorgen, nicht ableiten könne, daß er auch unbedingt salzen darf oder muß. Wenn durch das Salz der Wald offenbar geschädigt wird, dann kann die Forstbehörde den Straßenerhalter zwingen, andere Maßnahmen zu treffen. Ob dem salzgeschädigten Waldeigentümer tatsächlich kein Schadenersatz zusteht, auch dann nicht, wenn die Zusammenhänge zwischen Salzung und Baumsterben eindeutig geklärt sind, wird derzeit mit Hilfe eines Musterprozesses zu klären versucht. Dort, wo das Salzwasser nicht von den Autofahrern kommt, sondern durch Rohre in den Hangbrücken nach unten rinnt, ist die Beweislast einfacher. Bis vor kurzem liefen auch diese Wasser ungehindert von der Brennerautobahn über Wald und Wiesen. Einige Murbrüche und zahlreiche Proteste und Politikerinterventionen veranlaßten die Brennerautobahn inzwischen, diese Flüssigkeit in Rohren zu sammeln und geordnet abzuleiten. Kein Vorfluter, aber auch kein Klärwerk ist heiß auf diesen scharfen Saft. Soll also nicht mehr gesalzt werden? Ich bin in dieser Frage befangen, weil ich unlängst auf einer ungesalzten vereisten Straße einen schweren Verkehrsunfall gebaut habe. Es muß und kann zur derzeit praktizierten hemmungslosen Salzerei eine Alternative gefunden werden (Es besteht übrigens unter Techniker nicht der geringste Zweifel darüber, daß durch die Salzung die Lebensdauer der Brücken und Mauern wesentlich verringert wird. Aber wer denkt schon laut dreißig Jahre weiter ..?). Als besonders ärgerlich wird von den Heile-Welt-Propheten die Tatsache gewertet, daß abgestorbene Bäume am Fernpaß wie an der Brennerautobahn stehen bleiben. Es geschieht dies aus zweierlei Gründen: Es sollen ganz bewußt Mahnmäler aufzeigen, was ist. Die stehenbleibenden Leichen halten wenigsten einen Teil der Gischt davon ab, sich weiter landeinwärts zu bewegen. Baumschädlinge sind im salzdürren Holz nicht zu befürchten (einschlägige Untersuchungen liegen vor!), und wenn Nutzholzschädlinge sich in diese Bäume verirren, wird ihre Brennholzqualität dadurch nicht vermindert. Dipl. Ing. Eberhard Schusterschitz, Leiter der am meisten involvierten Bezirksforstinspektion Steinach a. Br., hat die in Ab.1 dargestellten Abhilfemaßnahmen gegen den Salznebel vorgeschlagen - bisher ohne Erfolg. Ohne Schutz und bei Fortdauer der bisherigen Salzstreupraxis wird man damit rechnen müssen, daß ein etwa 100 m breiter Streifen entlang der Autobahn früher oder später baumlos ist. <big>Die Elephanten kommen</big> Wer je am Sonntagabend mit dem PKW über den Brenner gefahren ist, wird das, was sich hier allwöchentlich abspielt, nicht so schnell vergessen: schon Stunden vor dem Start werden die schweren Dieselmotoren aufgewärmt. Die Luft ist stahlblau und sie schmeckt wie an einer Tankstelle. Eine kilometerlange Kolonne wartet auf das Startsignal - und dann geht es los. Besonders arg ist diese unheimliche Elephantenjagd nach Feiertagen, die es nur bei uns, nicht aber in Bayern oder Italien gibt. Da staut sich noch mehr als an allgemeinen Feiertagen oder an Sonntagen. Was diese Fahrzeuge an Schadstoffen ausspucken, wird genau registriert. Auf einer Meßstelle am Nößlachplateau wird dieser innereuropäische Kolonialismus am Schwefeldioxid gemessen. Dieselfahrzeuge verwenden Heizöl leicht - was da in (ausländischen) Fahrzeugen billig getankt wurde und wird, hat offenbar bei weitem nicht den niedrigen Schwefelgehalt österreichischer Heizöle, sonst wäre dieser starke Ausschlag nicht zu erklären. Wer Tabellen und Statistiken zu lesen vermag, dem muß das, was sich allsonntäglich da abspielt, nicht erst erläutert werden. Es sagt ihm diese Kurve mehr als eine ganze Ausstellung. Was die Menschen, die an dieser Straße ihr Haus gebaut haben, und zwar schon vor der Autobahn, dabei empfinden, ist nicht das Thema meines Beitrages. Es ist mir eher nachvollziehbar als jenem Spitzenpolitiker, der in einem Ausschuß der Raumordnungskonferenz sagte, die Menschen hätten den Lärm gar nicht bemerkt, wenn ihnen nicht "der Eizinger" (Tiroler Journalist, damals noch bei der Tiroler Tageszeitung) das eingeredet hätte. Nun wird es aber Zeit, auch den PKW-Verkehr und seine Auswirkungen auf den Wald zu "würdigen". Natürlich ist es ganz unbestritten, daß wesentlich mehr Personenautos die Transitrouten befahren als Lastkraftwagen. Im Falle der Umweltbelastungen wird man nicht die bloßen Zahlen einander gegenüber stellen dürfen. Nach amerikanischen Untersuchungen erfolgt die Zerstörung der Straßen mit der 4. Potenz des Gewichtes: ein dreimal so schweres Fahrzeug macht 80x so viele Schäden; ein zehnmal so schweres 10.000x mehr. Im Benzin ist, im Gegensatz zum Dieselöl, so gut wie kein Schwefel enthalten. Aber ein Auto ohne Katalysator scheidet, ebenso wie ein Dieselfahrzeug, Stickoxyde aus. Wer in Chemie nicht geschlafen hat, wird zur Not gerade noch wissen, was Stickoxyde sind. Bei den Photooxidantien und anderen Folgeprodukten kennen sich nicht nur Landtagsabgeordnete nicht mehr so recht aus. Ozon haben viele Zeitgenossen bisher nur aus der Fremdenverkehrswerbung gekannt ("Kommen Sie in die ozonreiche Luft unserer Wälder!") Aber was ist Peroxyacetylnitrat? Es ist eines der vielen Photooxydantien, also einer jener Stoffe, die unter dem Einfluß von Licht (griechisch: Phos, Photos) oxidieren. Ozon ist ein schweres Pflanzengift. Die in er Literatur genannten Schadwerte werden in den verkehrsreichen Alpentälern laufend überschritten. Und zwar auch weit von den Hauptverkehrswegen entfernt, und meist stundenlang nach Einsetzen des Hauptverkehrsstromes - dann eben, wenn das Phos die Oxidation bewirkt. All diese Prozesse gehen nicht so wie an der Tafel in der Chemiestunde vor sich, sondern, je nach Umständen, je nach anderen Luftbelastungen usw., hin und her. Zur Freude jener, denen etwas nachgewiesen werden sollte, sind die Zusammenhänge schwer nachvollziehbar und bei weitem nicht so leicht beweisbar wie beim Schwefel oder beim Fluor. Wieviele Schadstoffe entlang der Transitrouten niedergehen, ist in den Waldzustandsberichten nachzulesen. Auch die Wirkungen der einzelnen Schadstoffe auf den Wald werden da genau beschrieben. Im Inntal wird dies alles zur Belastung von Industrie und Hausbrand zu addieren sein. Im Wipptal ist der Verkehr für über 90% der Stickoxide verantwortlich. <big>Trauerspiel Tienzner Agrargemeinschaft</big> In geschädigten Wäldern ist der Holzzuwachs geringer. Da die Besteuerung des österreichischen Waldbesitzes auf eben diesem Zuwachs fußt, ist es nur recht und billig, daß geschädigten Waldbesitzern eine geringere Steuer vorgeschrieben wird. Es gibt einen diesbezüglichen Erlaß der Finanzverwaltung schon aus dem Jahre 1984 - herausgegeben nach einem Lokalaugenschein im Mühlviertel. So einfach der Schadensnachweis im Kleinwald unter 100 Hektar ist, so kompliziert ist er darüber. Tienzens liegt im Wipptal, zwischen Steinach und Matrei. Die dortige Agrargemeinschaft hat 16 Mitglieder und 141 Hektar Waldfläche. Auf 116 Probeflächen wurden 1986 erlaßgemäß 810 Bäume aufgenommen und angesprochen. Es stellte sich heraus, daß nur mehr 45 Prozent der Bäume gesund waren (in ganz Tirol waren dies 1986 immerhin 62 Prozent), 39 Prozent waren leicht geschädigt (Tirol 29) 15 Prozent mittelstark geschädigt (Tirol 7). Der Bezirksdurchschnitt lag etwa dazwischen. Der Zusammenhang zwischen diesem Zustand und der nahen Autobahn ist für die Untersucher der Landesforstdirektion evident. Für mich auch. Gemäß dem Erlaß der Finanz wurde nun eine Verminderung des Einheitswertes errechnet - und die ergab ein Minus von 4,9 Prozent. Da Wertfortschreibungen aber die 5-Prozent-Klausel übersteigen müssen, war die ganze Meß- und Rechenarbeit umsonst, zumindest bis zur nächsten Hauptfeststellung. Sicher ist die ganze Waldschädigung nicht in erster Linie etwas zum Steuersparen oder zum Aufreißen einer neuen Geldquelle für die Bauern. Diesbezügliche Äußerungen von Gewerkschaftern, etwa in einer Fernsehdiskussion, richten sich selbst. Der Wiener Stadtrat Braun hat vor Jahren auf einer Landeshauptleutekonferenz sinngemäß gesagt, die Forstbesitzer hätten in guten Zeiten das Volk von ihrem Reichtum auch nichts sehen lassen, nun sollten sie, wenn es tatsächlich Waldschäden gäbe, diese auch alleine tragen. Selten wurde dummes Gerede so rasch gestraft. Es geht ja wirklich nicht nur um das Geld und das Einkommen der "Forstbarone". Ein Land ohne Wald, ein Land mit einem kranken Wald, ist auch für die Nichtwaldbesitzer weniger bis gar nichts mehr wert. Denkenden Mitbürgern muß man das nicht sagen. <big>Ist der Spuk schon vorbei?</big> Die Waldzustandserhebungen 1988 hat auch im Tiroler Wald eine leichte Besserung ergeben. Daß ich diese Tatsache, mit allen "wenn und aber" denselben Leuten, denen ich vorher ein wahrheitsgetreues Bild gezeichnet habe, nicht vorenthalten haben, hat mir von engagierten Naturschüztern Kritik eingetragen. Ein Vorbehalt in allen neuen Aussagen war, daß der Durchschnittswert nichts über die Lage in den Problemgebieten aussagt. Wenn sich in der Verkehrsbelastung des Inntales wie des Wipptales nichts wesentliches ändert, dann kann dort der Wald nicht gesunden. Es wird dann im Niedergang nur leichte Verschnaufpausen geben, etwa die Sommer 1988 und 1987, in denen ein Wetter geherrscht hat, wie es der Wald wünscht: Regelmäßiger Wechsel von "Regen und mildem Sonnenschein", wie es in einem alten Wettersegen heißt. <big>Ein bürgerliches Trauerspiel</big> Allen denkenden Mitbürgern sind die Zusammenhänge zwischen der Verkehrsbelastung und dem Waldzustand bekannt. Zur großen Freude aller, die über unser Jahrhundert hinaus sehen wollen und die auch gegenüber kommenden Generationen so etwas wie Verantwortung verspüren, hat Landeshauptmann Dr. Alois Partl in seiner Antrittsrede im Frühjahr 1987 dem Transitverkehr breiten Raum gegeben und ihn zum Überlebensproblem des Landes erklärt. Sein Vorgänger dacht in dieser Sache unbestritten anders, auch noch in Zeiten, da die Nachteile der Verkehrslawine schon lange mit Händen zu greifen waren. Im Jänner 1988 wurde ich von der Bürgerinitiative Vomp als Referent zu deren Hauptversammlung geladen. Was ich dort von mir gab, wollte das Blättchen der "Grünen" abdrucken. Ich gab ihnen eine etwas milder formulierte, inhaltlich aber gleiche Fassung (eine gute Rede ist etwas anderes als ein guter Aufsatz; vielleicht sind manche Reden deshalb so langweilig, weil die Verfasser diesen Unterschied nicht kennen). Dem grünen Blättchen war meine "ad usum delphini" geschriebene Fassung offenbar zu lasch; sie druckten daraufhin, ohne mich zu fragen, die Vomper Rede im vollen Wortlaut nach. Die war freilich nicht von schlechten Eltern: Ich sagte dort unter anderem, daß ein Großteil des Transitverkehrs nicht auf die Eisenbahn verladen gehört, sondern daß er verboten werden muß - weil er überflüssig und/oder illegal ist. Den Spruch des Kammerpräsidenten, daß Verkehr Leben bedeute, nannte ich "dumm", und abschließend forderte ich die Bürger auf, mutig zu sein. Ich forderte "Mut zum Gesetzesbruch, wenn die Behörden gegen die Interessen des Landes handeln. So weit haben wir es schon gebracht. Ich wünsche unserem Land, seinen Bürgern wie der gesamten Natur viele mutige Menschen, die den Mut und die Ausdauer zum Aufstand haben." Aus dem grünen Blättchen wanderte die Vomper Rede in das Landecker Bezirksblatt und erst von dort aus nahmen sie dann die Amts- und Würdenträger im Lande wahr. Der für das Fuhrgewerbe zuständige Sekretär sowie der Vertreter der Handelskammer im Naturschutzbeirat forderten meinen Kopf als Vorsitzenden. Der für den Fremdenverkehr (!) zuständige Landesrat machte sich zum Postboten des Sekretärs des Fuhrgewerbes und schloß sich dessen Wünschen in einem Brief an den Landeshauptmann vollinhaltlich an: Hofinger muß weg, und das sofort. Zumal er auch in Schönberg unlängst zur Gewalt aufgerufen hat ... Der Landeshauptmann ließt mich über "profil" wissen, daß er mich trotz allem schätze und daß er mich, auch wenn ich mich in der Wortwahl vergriffen hätte, nicht abberufen werden. Im Naturschutzbeirat sagte ich, daß in der Sache nichts zurückgenommen werde, daß ich aber, weil es mir ja nicht um meine Person, sondern um eben diese Sache gehe, gewisse Formulierungen, was Personen betrifft, gerne zurücknehme - worauf der Antrag auf Neuwahl des Vorsitzenden zurückgezogen wurde. Das alles passierte im sogenannten "Bedenkjahr" 1988, in dem unter anderem darüber nachgedacht werden sollte, warum so viele Österreicher vor 50 Jahren "das Tier und sein Zeichen angebetet haben", wie es in der Geheimen Offenbarung heißt, und warum so wenige Widerstand geleistet haben. Obwohl ich in der Vomper Rede auf diese Widerstandstradition einleitend hingewiesen habe, die bei mir nicht mit Andreas Hofer, sondern bei Michael Gaismair beginnt, wurde dieser Zusammenhang offenbar kaum bemerkt. Nach meinem politischen Verständnis ist jemand untragbar, der dann, wenn die Behörden versagen, nicht handelt und zum Widerstand aufruft. Auf einem Seminar für Spitzenkräfte der Tiroler Gendarmerie habe ich versucht, diese Position den Hütern von Gesetz und Ordnung klarzumachen: Daß sie nämlich, wenn sie eine Demonstration gegen den Transitterror auflösen, auf der falschen Seite stehen, nämlich auf der der Gewalt. Oberst Bäuml darauf: Jesus wurde von der Exekutive nach einem ordentlichen Gerichtsverfahren zu Recht exekutiert ... <big>Wie wird es weitergehen?</big> Im Wald entlang der Transitverkehrsrouten? Das hängt ganz davon ab, wie sich der Transitverkehr weiterentwickelt. Wenn man bedenkt, daß schon kleine, geordnete und angemeldete Demonstratiönchen bewirkten, daß ernsthaft über Nachtfahrverbot, Behinderungen unsauberer Schwerfahrzeuge usw. geredet wird, keimt eine kleine Hoffnung. Wenn man, im Herbst 1988, bei Regen und Nebel auf der Autobahn unterwegs ist, und daher nur 80 km/h fährt, worauf man rechts und links von Fernlastzügen überholt wird, die trotz widriger Umstände weit über 100 km/h fahren, dann wird einem bewußt, welche asoziale Streitmacht hier unterwegs ist, und wie wenig man sich in Brüssel oder sonst wo um die kleinen Tiroler kümmert. Die Eisenbahn kommt auf alle Fälle zu spät. Es muß, im Interesse der Menschen, der Äcker, der Quellen und der Bäume, früher und an der Wurzel angesetzt werden. Das heißt: Verringerung und Entgiftung der Verbleibenden. Welcher Politiker ist stark genug, das von der EG zu fordern? Aussicht auf Erfolg bestünde ja nur, wenn die Lage unseres Landes als das Nadelöhr des gesamten EG-Verlehrs kraftvoll ausgenützt würde. Wie aber sollen Leute, die gerade auf den Knien dabei sind, der EG in die Arme zu rutschen, kraftvoll auftreten können? So ist die Aussicht in die Zukunft mehr als traurig. Es sei denn, die Bürger des Landes erheben sich, so wie unter Gaismair (ohne Erfolg) unter Andreas Hofer (Teilerfolge) erneut, indem sie der Gewalt auf der Straße Gegengewalt entgegensetzen. Das heißt natürlich nicht Reifenaufschlitzen oder Milchtanks leckschießen - sondern dies: Gemeinsam mit Regierung und Landtag dem Terror ein Ende zu setzten. Ob wir das noch erleben werden? </div class=artikel90> [[Kategorie:Transit]] [[Kategorie:Wald]] [[Kategorie:1986]]
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