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"Umstellung" als Raumordnungsmaßnahme
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<div class="artikel90"> ={{PAGENAME}}= {{Infobox Publikation | autor =Winfried Hofinger | medium =Berichte zu Raumforschung und Raumplanung | texttyp = Artikel | erscheinungsdatum= Heft 3 1968 | kategorien= Raumordnung; 1968 | anmerkungen= | anmerkungen2= }} Durch das Landwirtschaftsgesetz (Bundesgesetz vom 13. Juli 1960, mit dem "Maßnahmen zur Sicherung der Ernährung sowie zur Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden Bauernstandes getroffen werden") ist die Möglichkeit gegeben, durch gezielte Maßnahmen "naturbedingte Nachteile der Landwirtschaft gegenüber anderen Wirtschaftszweigen auszugleichen, die wirtschaftliche Lage der in ihr Tätigen zu verbessern ... die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft insbesondere auch durch strukturelle Maßnahmen, zu erhöhen ..." Grüner Bericht und Grüner Plan Auf Grund des "Grünen Berichtes", welcher bis zum 15. Oktober jedes Jahres dem Nationalrat vorzuliegen hat und der die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft, gegliedert nach Betriebsgrößen, Betriebsformen und Produktionsgebieten aufzeigen soll, wird der sogenannte "Grüne Plan" erstellt. Obwohl es den "Grünen Bericht" und den "Grünen Plan" schon seit 1960 gibt, weiß — nach einer Umfrage, die das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in Auftrag gegeben hat — nur ein verschwindend geringer Teil der Bevölkerung — Akademiker nicht ausgenommen — was das ist. Man stellt sich darunter eine große Gießkanne vor, aus der es Millionenbeträge auf Großbauern wie Kleinhäusler regnet. Einer der wirksamsten Maßnahmen, die mit Mitteln des "Grünen Planes" durchgeführt werden, ist die Aktion "Umstellung": Man könnte sie als raumordnende Tätigkeit auf kleinstem Raum bezeichnen — die in einem Umstellungsgebiet zusammengefaßten Flächen erstrecken sich selten über mehr als eine Gemeinde — wobei aber die Raumordnung nicht als Selbstzweck betrieben wird. Vielmehr heißt hier das Ziel, die wirtschaftlichen Verhältnisse aller im abgesteckten Gebiet gelegenen landwirtschaftlichen Betriebe von Grund auf zu verbessern. Die Zusammenfassung aller in diesem Gebiet gelegenen Betriebe geschieht deshalb, weil verschiedene Dinge (wie Wegeplanung, Gruppenberatung) nur in größeren Einheiten geplant und durchgeführt werden können. Der Endeffekt ist dann aber doch die Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse größerer räumlicher Einheiten, — wenn alle Projekte einmal durchgeführt sind — der Landwirtschaft ganz Österreichs. Auswahl nach "Ungunst" Für die Umstellungsaktion kommen nur Gebiete in Betracht, welche aus Ungunst der Verhältnisse, unter denen sie wirtschaften müssen, nicht in der Lage wären, den Anschluß an die immer stärker in Erscheinung tretende Konkurrenz zu finden. Österreich weist einen hohen Anteil von Bergbauern auf. Hiebei hat Tirol, bezogen auf die Anzahl der Gesamtbetriebe, den höchsten Prozentsatz. Die Flachlandgebiete Österreichs konnten eine weitgehende Rationalisierung durch den Einsatz vieler moderner Landmaschinen vornehmen. Die Verhältnisse im Bergbauerngebiet liegen dagegen weit schwieriger. Die Auswahl eines Gebietes für Umstellungsmaßnahmen erfolgt nach Vorschlägen der jeweiligen Bezirkslandwirtschaftskammer in einer alljährlichen Sitzung der Landeswirtschaftskammer, bei welcher die zuständigen Interessenvertreter und Förderungsorgane anwesend sind. Mit dem Vorschlag ist auch eine Beschreibung dieses Gebietes mit einem ausführlichen Förderungsprogramm vorzulegen. Das Umstellungsziel, eine Sicherung und Verbesserung der Existenz durch Erhöhung des Einkommens zu erreichen, muß unter Berücksichtigung der natürlichen Produktionsvoraussetzungen fachlich eindeutig erkennbar sein. Die Förderungsmaßnahmen werden in agrartechnische, produktionssteigernde Maßnahmen allgemeiner Natur, und in Maßnahmen des Einzelbetriebes unterteilt. Maßnahmen, welche von der Landeswirtschaftskammer nicht selbst durchgeführt werden können, sind von den zuständigen Ämtern der Landesregierung laut Richtlinien des Ministeriums in Umstellungsgebieten bevorzugt in Angriff zu nehmen. Eine Umstellungsmaßnahme beginnt in einem Gebiet erst dann, wenn sich nach eingehender Aufklärung mehr als die Hälfte der Bauern freiwillig hiezu bereitfinden. Es wird aus diesen Mitgliedern ein Ausschuß mit einem Obmann gewählt, welcher Kontakt mit den Fachorganen hat. Dies ist notwendig, um das Förderungsprogramm und die Durchführung desselben im gegenseitigen Einverständnis praxisnahe zu halten. Für programmentsprechende Förderungsmaßnahmen werden Beihilfen gegeben; bei der Bemessung derselben ist die wirtschaftliche Kraft des einzelnen zu berücksichtigen. Das Mitglied der Umstellungsgemeinschaft verpflichtet sich jedoch, die gemeinsam beschlossenen Förderungsmaßnahmen durchzuführen. Dies erscheint notwendig, um zu verhindern, daß der einzelne sich etwa nach Beihilfenempfang von weiteren Maßnahmen der Gemeinschaft ausschließt. Betreut werden die Umstellungsgebiete von hauptberuflichen Wirtschaftsberatern. Es sind dies in der Regel Absolventen der sogenannten landwirtschaftlichen Mittelschulen, die noch zusätzlich einen einjährigen pädagogisch orientierten Kurs im Bundesseminar in Ober St. Veit absolviert haben. Ein Umstellungsprogramm wird für die Dauer von 5 Jahren erstellt. Oft ist es jedoch nötig, diese Umstellungsdauer zu verlängern; dies besonders dann, wenn die erforderlichen Eigenmittel für die Durchführung der Aktion in dieser kurzen Zeit nicht aufgebracht werden können. Nebst verschiedenen fachlichen Aufklärungsveranstaltungen wird auch alljährlich ein Bericht über die durchgeführten Maßnahmen gegeben, wobei am Ende einer solchen Aktion auch die Erfolge, welche sich in einem Tierzuchtland hauptsächlich in einer höheren Milch- und Viehproduktion auswirken, hingewiesen wird. Erfolge in Tirol In Tirol werden zur Zeit 70 Umstellungsgemeinschaften mit rund 3000 Mitgliedern betreut. Der Gesamtaufwand zur Durchführung aller Programme betrug 1966 34 Millionen Schilling, der Aufwand an Beihilfen rund 7 Millionen. Obwohl die Auswirkungen von Förderungsmaßnahmen in der Landwirtschaft naturgemäß nicht unmittelbar folgen können, sind in der kurzen Zeit dieser Aktion doch bereits beachtliche Erfolge zu verzeichnen. Sie finden ihren meßbaren Ausdruck in der Erhöhung der Milchmarktleistung oder in der Verbesserung der Viehqualität und den damit zusammenhängenden höheren Erlösen aus der Viehproduktion. So ist z. B. in der Umstellungsgemeinde Fügenberg die Durchschnittsleistung des dortigen Braunvieh-zuchtvereines von 3413 kg Milch im Jahre 1960 bis zum Jahre 1965 auf 4629 kg angestiegen. Die Haupteinnahmequelle der Bergbauern ist die Rinderhaltung mit einer organisierten Viehzucht. In der Umstellungsgemeinde Hartberg im Zillertal bestand im Jahre 1959 1 Viehzuchtverein mit insgesamt 14 Mitgliedern und 71 kontrollierten Kühen, heute bestehen bereits 7 Viehzuchtvereine mit insgesamt 77 Mitgliedern und 439 kontrollierten Kühen. Nicht in Zahlen ausdrückbar und trotzdem vielleicht von größerer Bedeutung ist die Tatsache, daß durch die Erschließung der Höfe, durch die Verbesserung der Wohnverhältnisse — was wiederum die Möglichkeit bietet, durch den Fremdenverkehr zu bescheidenen Nebeneinkommen zu gelangen — durch die Aufforderung zu einer geistigen "Umstellung" wieder mehr Vertrauen in die ererbte Existenzgrundlage geschaffen wird. Ginge es nach Sicco Mansholt, dessen Ideal der vollmechanisierte 80 ha-Betrieb ist, müßte man das gesamte Alpengebiet aufforsten — ein häßlicher Anblick für Fremde und Einheimische! Soll der Bauer also nur ein Gärtner in Europas Erholungslandschaft Nr. 1 sein? In der Mitte wird, wie nicht selten, die Wahrheit liegen: Durch gezielte organisatorische und bildnerische Maßnahmen — wie eben die Umstellung — könnte ein relativ krisenfestes Bergbauerntum erhalten bleiben, das die Kulturlandschaft nicht nur schützt, sondern von ihren zahlreichen Bewunderern und Besuchern ein zusätzliches Einkommen erzielt. </div> [[Kategorie:Raumordnung]] [[Kategorie:1968]]
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