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Tirol und seine Bauern
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<div class="artikel90"> ={{PAGENAME}}= {{Infobox Publikation | autor = Winfried Hofinger | medium = Tiroler Jungbürgerbuch | texttyp = Buchbeitrag | erscheinungsdatum= ?2002 | kategorien= Agrarisches; Adolf Trientl; 2002 | anmerkungen= | anmerkungen2= }} Sie gehören einem Stand an: Sie nennen sich nicht Landwirte, sondern Bauern. Sie müssen es erst verkraften, daß sie von einer starken Mehrheit zu einer Minderheit mit vielfältigen Problemen wurden. Allerdings, Probleme haben oder hatten in den vergangenen Jahrhunderten auch die anderen Stände zuhauf. Die Bauern hatten zumindest meistens genug zu essen. Nord-, Ost- und Südtirol können sich seit Jahrhunderten nicht aus der eigenen Landwirtschaft versorgen. Das Klima und die Kargheit des Bodens zwangen schon früh zu Bescheidenheit; immer auch gab es Importe von Nahrungsmitteln, etwa im 15. und 16. Jahrhundert für die Bergknappen in Hall, Schwaz und Sterzing oder für die Bürger der großen Städte. Heute erzeugt die Landwirtschaft nördlich und südlich des Brenners Waren vornehmlich für den Export - im Süden Wein und Obst, zunehmend auch Milchprodukte, im Norden Vieh und Käse; die Selbstversorgung ist damit noch weiter gesunken, was aber angesichts europaweiter Überschüsse bei den Grundnahrungsmitteln niemand zu schrecken scheint. "Der Bauer schuf das Alpenland" Neu dazugekommen ist das von den Bauern erzeugte Produkt der gepflegten Kulturlandschaft: In früheren Zeiten als selbstverständliches Begleitbild der Arbeit von Ackerbauern und Viehzüchtern hingenommen, wird die Landschaftspflege nun zunehmend abgegolten, weil sie nicht mehr überall als selbstverständlich gilt. Bauern erhalten öffentliche Mittel dafür, daß sie Bauern sind. In anderen Beiträgen in diesem Buch wird dargelegt, wie sehr das Gesicht unseres Landes von der Bauernarbeit geprägt ist. "Der Bauer schuf das Alpenland", sagte ein Innsbrucker Professor mit Hang zu großen Worten. Daran ist schon etwas wahr: Unterhalb von etwa 2000 Meter Seehöhe trägt das Land überall sehr deutlich die Spuren der Bauernarbeit. Wo sich diese Arbeit nicht mehr lohnt, wird oft aufgeforstet, was in waldärmeren Landesteilen sicher kein Schaden ist, oder es verwildert das Land. Die "Möblierung" der Kulturlandschaft mit Stadeln, Harpfen, Wegkreuzen und anderem verfällt - oder wird künstlich aufrechterhalten. Die sichere Ableitung des Wassers besorgen nicht mehr die Bauern, sondern die Wildbacharbeiter. Von der Selbstversorgung zur EU-Reife Bauernarbeit war früher noch mehr als heute körperliche Schwerarbeit. Das hat sich insoferne geändert, als das Heben schwerer Lasten und den Transport über weitere Strecken Maschinen übernommen haben. Die Antwort auf die teuren Geräte sind Maschinenringe als zeitgemäße Form der Nachbarschaftshilfe. Mit ihren Traktoren fahren die Bauern immer öfter für die Gemeinden: als Schneeräumer zum Beispiel. In letzter Zeit entdeckten sie die kommunale Kompostierung als eine Möglichkeit, diese Maschinen besser auszulasten. Noch immer sind nicht alle Höfe ausreichend erschlossen. Das umfangreiche ländliche Wegenetz dient zunächst dem Personen- und Warenverkehr von und zum Bauernhof. Güterwege sind Lebensadern auch für den Fremdenverkehr und für die Freizeitgesellschaft. Aus der Unwirtlichkeit der großen Ansiedlungen im Tal kommen Fremde wie Einheimische sehr oft auf Güterwegen in den schöneren Oberstock des Landes. Landarbeiter sterben aus Eine ganz wesentliche Änderung gegenüber früher ist, daß der Stand der Landarbeiter, der Knechte und Mägde, fast ausgestorben ist. Vor einhundert Jahren waren - nicht nur in Tirol -die Landarbeiter, also die Unselbständigen in der Land- und Forstwirtschaft, die weitaus größte Gruppe aller Lohnempfänger. Dazu kamen die Geschwister des Bauern, die oft um Gotteslohn mitarbeiten mußten. Es gibt Betriebe, die jetzt im Nebenerwerb geführt werden und die noch vor zwei Generationen ein halbes Dutzend Knechte und Mägde beschäftigt haben. Die heu-te wenigen Landarbeiter sind gut bezahlte Fach-arbeiter. Saisonarbeiter aus aller Herren Länder werden im Südtiroler Obstbau beschäftigt. Aus den von den Knechten und Mägden geräum-ten Zimmern - etwa in den großen Häusern irr Nordtiroler Unterland, im Schierngebiet und im Pustertal - wurden Fremdenzimmer. Es gibt kein Land auf der Welt mit einer ähnlichen Dich-te im Tourismus (Zahl der Übernachtungen je Einwohner) wie unseres. Ein Teil der Millioner von Gästen findet auf den Bauernhöfen inzwischen allen Komfort. Der Urlaub auf dem Bau-ernhof bringt Geld auf die Höfe. Sehr oft geht dieser Betriebszweig aber auf Kosten der Bäue-rin, die zu einer Zeit, da die Erntearbeiten zu erledigen und die Schulkinder den ganzen Tag zu Hause sind, auch noch die Gäste betreuen soll. Senkrechte Gliederung Die Tiroler Landwirtschaft ist von unten nach oben gegliedert (in manchen Ländern, etwa in +++++ fehlt! Der "Mistapostel" Adolf Trientl Adolf Trientl war eigentlich Priester. 1817 im Ötztal geboren, trat er nach dem Besuch des Haller Gymnasiums in den Jesuitenorden ein. Nach Auflösung des Ordens 1 848 wurde er zunächst Seelsorger, später Gymnasiallehrer. In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts begann er auf Wunsch der Kaiserinwitwe Carolina Augusta, Tirol als Wanderlehrer zu bereisen. 1871 wurde er Benefiziat der Waldauf-Stiftung in Hall, 1897 starb er in Umhausen. Trientl wanderte von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, im ganzen "kalten Theile Tirols"; nur die Weingegenden südlich von Bozen ließ er "außer Acht". Er predigt den Bauern, daß sie die "Gottesgabe des Mistes" und die "Goldtinktur der Jauche" besser behandeln sollten. Weil das seine Lehre war, wurde er ausgelacht und bisweilen angepöbelt: Seine geistlichen Mitbrüder gaben ihm den Spottnamen "Mistapostel". Er trug ihn aber mit Stolz, wie man aus seinem eigenhändig geschriebenen Lebenslauf schließen darf. Er war viel mehr als nur ein Düngerlehrer. * Seine Schriften zur Wildbach- und Lawinenkunde könnten in jedem Lehrbuch unserer Tage stehen. Er weiß, daß auch aus einem gut gepflegten Wald, wenn es über alle Maßen regnet, Muren abgehen können. Die schlechte Waldbehandlung zu seiner Zeit rügt er mit vielen harten Worten. Man hat damals von lebenden Bäumen Aste zur Streugewinnung abgehackt... * Den Dienstboten empfiehlt er, in ihren Forderungen bescheidener zu sein - sonst würden sie bald einmal durch genügsame und gutwillige Italiener ersetzt, und das zu Recht. Allerdings fordert er für die Dienstboten einen gesetzlich geregelten Urlaub. Damals war Kinderarbeit weit verbreitet, und Urlaub hatte fast niemand im Lande. * Auch als Priester war er fortschrittlich. In Obergurgl führte er, hundert Jahre vor anderen, eine Kirchenheizung ein. Er predigte einfach und verständlich. Allerdings wirkte er im letzten Drittel seines langen Lebens fast nur mehr als Volksbildner. * Er war dafür, auch die Mädchen auszubilden - und das zu einer Zeit, da man gegen das Frauenstudium hundert Gründe vorgebracht hat. In seiner lebhaften Sprache: "Das Mädchen verdient und verwerthet den Unterricht so gut als der Knabe, und man thut sehr unrecht daran, dieselben zu vernachlässigen . . . Denkt man bei der Erziehung und Bildung blos an die Knaben, dann macht man eben nur eine halbe Arbeit." Trientl wußte alles, was ein Land- und Forstwirt seiner Zeit wissen konnte. Er war in vielem seiner Zeit um ein Jahrhundert voraus. Warum er trotzdem kaum bekannt, wenig gewürdigt ist? Weil er ein unbequemer Herr war; weil er sich mit den Regierenden nicht vertragen hat (den Landtag nennt er öffentlich eine "Landesstiefmutter"). Anerkennung bedeutete ihm nicht viel, weil er auch so wußte, daß er auf dem richtigen Weg war. </div> [[Kategorie:Agrarisches]] [[Kategorie:Adolf Trientl]] [[Kategorie:2002]]
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