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Die Kassenräuber
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{{Infobox Publikation | autor = Winfried Hofinger | medium = präsent | texttyp = Kommentar, Scheibenwischer | erscheinungsdatum= Frühjahr 1983 | kategorien= Sozialversicherung; 1983 | anmerkungen= | anmerkungen2= }} <div class=artikel300> ={{PAGENAME}}= Wem tut jener Arzt leid, der sich, mit seinem hohen Einkommen nicht zufrieden, auf Kassenkosten Pelzmäntel, Kosmetika, Halstücher und anderes in der Boutique seines Apothekerfreundes besorgte? Niemandem tut er leid, wenn er nun erwischt wird! Und dann die Ausreden von Standesvertretern auf das System: Diese unterstellen, daß man dann, wenn eine Gelegenheit zum Stehlen gegeben sei, wohl ruhig stehlen dürfe; denn dann wäre ja nicht der Dieb, sondern das System der Schuldige. Als ob nicht jeder von uns laufend Gelegenheit hätte, zu stehlen, und er tut es doch nicht! In der ganzen Diskussion um die Selbstbedienungsärzte sind einige weitere Diebstahlsformen am Sozialversicherungssystem noch nie zur Sprache gekommen: * Es soll Patienten geben, die sich vom Arzt ein beliebiges teures Medikament (oder deren gleich mehrere), verschreiben lassen und sich damit in der Apotheken-Drogerie mit dem Monatsbedarf an Seifen, Zahnpasten, Pflastern, Tampons u. a. eindecken. Hier schwindelt der Arzt wohl auch mit, aber kaum zu seinen Gunsten, dafür Patienten und einzelne Apotheken. Es mag sein, daß diese, angeblich in Wien häufige Art der Besorgung von Hygiene- und Kosmetikartikeln in letzter Zeit etwas zurückgegangen ist, weil die Kassen ein wenig aufmerksam geworden sind. * Ein praktischer Arzt in Wien soll alljährlich für jene Hausmeister, die ihm die Krankenscheine für das ganze Haus abliefern, unabhängig davon, ob tatsächlich eine Leistung erbracht wurde, einen Hausball veranstalten. Aus Dankbarkeit dafür, daß sie ihm (im besseren Fall) Patienten zutreiben oder (im schlechten Fall) zu einem unverdienten Einkommen verhelfen. Abhilfe: ein merkbarer Selbstbehalt. * Der größte Schnitt wird sicher bei den Kuraufenthalten gemacht Es ist in weiten Kreisen üblich, sich den Urlaub nicht selbst zu bezahlen, sondern auf Kosten der Sozialversicherung, also auf Kosten derer, die nicht so großzügig sind, auf Kur zu gehen. Manche gehen im Sommer auf Urlaub (selbstbezahlt!) und im Herbst auf Kur (von uns allen bezahlt) - einige gehen nur auf Kur. Sie wohnen auf unser aller Kosten drei, vier Wochen in Nobelhotels, die sich verschämt Kurheime nennen. Sie kosten dort der Sozialversicherung pro Tag wesentlich mehr, als die Vollpension in sehr teuren Hotels ausmacht. Sie erholen sich dort, falls sie nicht Urlaub gemacht haben, auf unser aller Kosten von den Anstrengungen des Arbeitsjahres. Sie erholen sich dort, wenn sie auf Urlaub waren, auf unser aller Kosten von den Strapazen des Urlaubes: Von Bandscheibenschäden wegen allzu intensiven Surfens, von Leber- und Nierenschäden wegen allzu ausgiebigen Alkoholgenusses. Gegen diesen Mißbrauch hilft kaum ein Mittel. Die Kassen haben sich in den vergangenen Jahren gegenseitig dabei überboten, an Kurorten von Bad Tatzmannsdorf bis Badgastein Prunkpaläste zu errichten. Die wollen natürlich gefüllt sein. Der Chefarzt hat für die nötigen Patienten zu sorgen, damit die Belegung ausreichend ist. Es hängen schließlich auch einige tausend Arbeitsplätze an diesem Industriezweig ... Damit wir uns recht verstehen: Kein Wort gegen die abgeschundene Altbäuerin, die mit 70 das erste Mal in einem Kurheim an einen Tisch gehen kann, den sie nicht selber decken mußte, und die hier Linderung ihrer Beschwerden, die von der lebenslangen Arbeitsbelastung herrühren, findet. Kein Wort gegen den lungengeschädigten Schwerstarbeiter! Aber alles gegen jene, die auf unsere Kosten auf Urlaub fahren oder die sich auf unsere Kosten vom Urlaub erholen. </div> [[Kategorie:Präsent]] [[Kategorie:Sozialversicherung]] [[Kategorie:1983]]
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