Aus Holzknecht
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- | In den Dreißigerjähren meinte Bert Brecht: "Der Bauer kümmert sich um seinen Acker, hält sein Vieh in Stand, zahlt Steuern. Macht Kinder, damit er die Knechte einspart, und hängt vom Milchpreis ab". In unseren Tagen kauft der Bauer Maschinen, damit er die Knechte einspart; sonst hat Brecht sehr richtig gesehen - auch wenn er weiter formuliert | + | In den Dreißigerjähren meinte Bert Brecht: "Der Bauer kümmert sich um seinen Acker, hält sein Vieh in Stand, zahlt Steuern. Macht Kinder, damit er die Knechte einspart, und hängt vom Milchpreis ab". In unseren Tagen kauft der Bauer Maschinen, damit er die Knechte einspart; sonst hat Brecht sehr richtig gesehen - auch wenn er weiter formuliert: "Die Städter reden von der Liebe zur Scholle, vom gesunden Bauernstamm und daß der Bauer das Fundament der Nation ist". |
- | Sicher ist der Bauer das Fundament der österreichischen Volkspartei; von der Liebe zur Scholle kann man in unserem Land überall dort reden, wo ein paar steilen Hängen zuliebe freiwillig ein | + | Sicher ist der Bauer das Fundament der österreichischen Volkspartei; von der Liebe zur Scholle kann man in unserem Land überall dort reden, wo ein paar steilen Hängen zuliebe freiwillig ein niederer Lebensstandard ertragen wird. Wer Statistiken richtig liest, wird allerdings an den nicht "gesunden Bauernstamm" glauben. Während in der Stadt nur rund fünf von hundert untauglich sind, den Wehrdienst zu erfüllen, ist jeder zehnte Bauernbursch dazu nicht geeignet. |
Der Tiroler Bauer hängt vom Milchpreis ab: Im Produktionsgebiet "Hochalpengebiet", zu dem Tirol mit Ausnahme seiner tiefstgelegenen Gebiete um Kufstein gehört, kommen 72,5 Prozent des Rohertrages der Landwirtschaft aus der Tierhaltung; von diesem Rohertrag aus der Tierhaltung entfallen wieder 45,4 Prozent auf Milch. Recht genau ein Drittel der Einkünfte der Tiroler Bauern macht also das Milchgeld aus. Sinkt nun das Milchgeld pro Liter um 10 Prozent (man nenne das wie immer, Krisengroschen, Exportförderungsbeitrag oder sonst wie), so bedeutet dies eine Verminderung des Roheinkommens um 3 Prozent. Das Milchgeld stellt - im Gegensatz zu den anderen Einnahmequellen der Bauern - die einzig regelmäßige Einnahme dar. Es hat beinahe die Funktion eines Gehaltes angenommen und der wurde im heurigen Frühjahr um 10 Prozent gekürzt. | Der Tiroler Bauer hängt vom Milchpreis ab: Im Produktionsgebiet "Hochalpengebiet", zu dem Tirol mit Ausnahme seiner tiefstgelegenen Gebiete um Kufstein gehört, kommen 72,5 Prozent des Rohertrages der Landwirtschaft aus der Tierhaltung; von diesem Rohertrag aus der Tierhaltung entfallen wieder 45,4 Prozent auf Milch. Recht genau ein Drittel der Einkünfte der Tiroler Bauern macht also das Milchgeld aus. Sinkt nun das Milchgeld pro Liter um 10 Prozent (man nenne das wie immer, Krisengroschen, Exportförderungsbeitrag oder sonst wie), so bedeutet dies eine Verminderung des Roheinkommens um 3 Prozent. Das Milchgeld stellt - im Gegensatz zu den anderen Einnahmequellen der Bauern - die einzig regelmäßige Einnahme dar. Es hat beinahe die Funktion eines Gehaltes angenommen und der wurde im heurigen Frühjahr um 10 Prozent gekürzt. | ||
- | In Festschriften und Festansprachen der vereinigten Europäer ist bisweilen zu lesen, wie herrlich weit es die EWG gebracht habe mit der Verwirklichung des Europagedankens. Das Gegenteil davon ist wahr: Durch ein ausgeklügeltes Abschöpfungssystem hat man den Interessensverband der Sechs so stark nach außen abgeschirmt, daß es Nichtmitgliedern - die aber, mit Verlaub, auch Europäer sind - so gut wie unmöglich gemacht wird, ihre Produkte in der EWG auf den Markt zu bringen. Innerhalb eines Jahres ist z. B. die Abschöpfung für Hartkäse von S 2,00 auf S 22,00 gestiegen. Dies heißt, daß der traditionelle Export von Hartkäse aus Tirol nach | + | In Festschriften und Festansprachen der vereinigten Europäer ist bisweilen zu lesen, wie herrlich weit es die EWG gebracht habe mit der Verwirklichung des Europagedankens. Das Gegenteil davon ist wahr: Durch ein ausgeklügeltes Abschöpfungssystem hat man den Interessensverband der Sechs so stark nach außen abgeschirmt, daß es Nichtmitgliedern - die aber, mit Verlaub, auch Europäer sind - so gut wie unmöglich gemacht wird, ihre Produkte in der EWG auf den Markt zu bringen. Innerhalb eines Jahres ist z. B. die Abschöpfung für Hartkäse von S 2,00 auf S 22,00 gestiegen. Dies heißt, daß der traditionelle Export von Hartkäse aus Tirol nach Italien vollständig unterbunden wurde, denn niemand kann bis 100 Prozent Zoll zahlen. Mit den Geldern, die durch die Abschöpfung hereinkommen, werden jene Schwächen der Landwirtschaft in der EWG beseitigt, die Ausländern noch kleine Importlücken ließen. Ein raffiniertes System, das den EWG-Mitgliedstaaten (und hier vor allem Frankreich) sehr viel hilft - doch sollte man aufhören, vom vereinten Europa zu schwefeln. |
- | Italien vollständig unterbunden wurde, denn niemand kann bis 100 Prozent Zoll | + | |